Die eIDAS-Verordnung und ihre Bedeutung für europäische digitale Identitäten

Typ: Artikel

Am 17. September 2014 trat die "Verordnung (EU) Nr. 910/2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG", kurz eIDAS-Verordnung, in Kraft.

Die eIDAS-Verordnung enthält verbindliche europaweit geltende Regelungen in den Bereichen "Elektronische Identifizierung" und "Elektronische Vertrauensdienste". Mit der Verordnung werden einheitliche Rahmenbedingungen für die grenzüberschreitende Nutzung nationaler elektronischer Identifizierungsmittel – und damit auch für den Einsatz des deutschen Online-Ausweises – und Vertrauensdienste geschaffen.

Anwendungsbereich der Verordnung

Als EU-Verordnung ist die eIDAS-Verordnung unmittelbar geltendes Recht in allen 27 EU-Mitgliedstaaten sowie im Europäischen Wirtschaftsraum. Sie gilt für die gesamte öffentliche Verwaltung. Voraussetzung für die grenzüberschreitende Identifizierung ist, dass die Mitgliedstaaten die nationalen elektronischen Identifizierungsmittel gegenseitig anerkennen:

  • In einem ersten Schritt können die Mitgliedstaaten ihre elektronischen Identifizierungsmittel auf freiwilliger Basis bei der EU-Kommission notifizieren. Anschließend müssen alle notifizierten elektronischen Identifizierungsmittel von anderen Mitgliedstaaten verbindlich anerkannt werden.

Einen stets aktuellen Überblick über die pränotifizierten und notifizierten eID-Systeme in der EU finden Sie hier.

Deutscher Online-Ausweis mit höchstem Vertrauensniveau

Als erster EU-Mitgliedstaat hat die Bundesrepublik Deutschland bereits 2017 die Notifizierung des elektronischen Identitätsnachweises des deutschen Personalausweises und elektronischen Aufenthaltstitels erfolgreich abgeschlossen.

Die Notifizierung wurde am 26. September 2017 im Amtsblatt der Europäischen Kommission veröffentlicht und erfolgte nach Begutachtung durch technische Experten nahezu aller Mitgliedstaaten auf dem höchstmöglichen Vertrauensniveau "hoch".

Durch die Notifizierung sind alle EU-Mitgliedstaaten seit 29. September 2018 verpflichtet, ihre eigenen Verwaltungsverfahren für den deutschen Online-Ausweis zu öffnen, wenn sie eine elektronische Identifizierung auf "substanziellem" oder "hohem" Vertrauensniveau benötigen.

Mit ihrem Online-Ausweis können sich deutsche Bürgerinnen und Bürger dadurch zum Beispiel auf digitalem Weg im EU-Ausland an Hochschulen einschreiben, ihr Gewerbe anmelden, Steuererklärungen abgeben oder Kfz-Zulassungen beantragen.

Novellierung der eIDAS-Verordnung

Die EU-Kommission hat im Juni 2021 einen Rahmen für eine europäische digitale Identität (EUDI) vorgeschlagen. Damit soll die bestehende eIDAS-Verordnung von 2014 geändert werden.

Die überarbeitete Verordnung stellt einen Paradigmenwechsel für die digitale Identität in Europa dar und soll gewährleisten, dass Bürgerinnen und Bürgern sowie Organisationen in der EU einen universellen Zugang zu einer sicheren und vertrauenswürdigen elektronischen Identifizierung und Authentifizierung mittels einer persönlichen digitalen Brieftasche (englisch: Wallet) haben.

Nach dem Vorschlag werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, auf der Grundlage gemeinsamer technischer Standards eine digitale Brieftasche bereit zu stellen.

Über die geplante europäische digitale Identität informiert die EU-Kommission auf ihrer Internetseite.

Konsultationsprozess zur EUDI-Wallet

Am 7. Juni 2023 initiierte das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) einen Konsultationsprozess zur Konzeption eines Gesamtsystems für digitale Identitäten im Zuge der Novellierung der eIDAS-Verordnung.

Der Konsultationsprozess hat zum Ziel, gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern von Verbänden, zivilgesellschaftlichen Organisationen, Unternehmen, Expertinnen und Experten aus der Wissenschaft sowie Partnerinnen und Partnern aus Staat und Verwaltung bis Februar 2024 ein Konzept für eine prototypische Infrastruktur samt digitaler Brieftasche (Wallet) zu erarbeiten.

Mithilfe eingereichter Papiere hatten die Anspruchs- und Interessensgruppen bis zum 30. Juni 2023 die Möglichkeit, Position zu beziehen. Insgesamt wurden rund 60 Papiere eingereicht, geprüft und ausgewertet. Die Einreichungen können hier eingesehen werden.

Am 31. Juli 2023 empfing das BMI mehr als 100 Teilnehmende online. Dabei wurden Zielsetzungen und Rahmenbedingungen des Projektes sowie des Konsultationsprozesses besprochen.

Infolge der Auftaktveranstaltung werden die Repräsentantinnen und Repräsentanten der Anspruchsgruppen seit Ende August 2023 zu Workshopterminen geladen. Dort werden unterschiedliche Aspekte umfassend diskutiert. Die Ergebnisse der Workshops werden schließlich dokumentiert und in einem abschließenden Konzept berücksichtigt. Sie leisten somit einen wichtigen Beitrag bei der nationalen Umsetzung der Novellierung der eIDAS-Verordnung.

Die Präsentation des abschließenden Konzepts erfolgt im Februar 2024.

Bürgerinnen und Bürger haben zudem jederzeit die Möglichkeit, auf der Austauschplattform OpenCoDE alle aktuellen Ergebnisse des Prozesses transparent einzusehen und direktes Feedback zu allen Elementen und schließlich auch zum jeweiligen Zwischenstand des veröffentlichten Architekturkonzepts zu äußern. Die Kommentare und Anmerkungen werden gesammelt, geprüft und ebenfalls ausgewertet.

Sie finden die Konsultation unter: eIDAS 2.0

Wer Anmerkungen, Kommentare oder eigene Vorschläge zu den auf OpenCoDE diskutierten Punkten hat, kann sich dort zu Wort melden.

Large-Scale-Pilot:  POTENTIAL testet Anwendungsfälle der EUDI-Wallet

Im Rahmen der Revision der eIDAS-Verordnung wurde ein großangelegtes Pilot-Projekt der EU-Kommission ins Leben gerufen. Mit dem Large-Scale-Pilot für die EUDI-Wallet werden die Möglichkeiten einer digitalen Brieftasche plastisch dargestellt und die Funktionalitäten und deren Mehrwert anhand von diversen Anwendungsfällen demonstriert. Neben der grenzüberschreitenden Identifizierung mit einem staatlichen Ausweisdokument sollen dabei auch weitere Nachweise, wie zum Beispiel der Führerschein, zum Einsatz kommen. Geplant ist zudem das Abgeben einer qualifizierten elektronischen Signatur.

Das französisch-deutsch geführte POTENTIAL-Konsortium erhielt im Dezember 2022 als das größte von insgesamt vier Konsortien den Zugschlag der EU-Kommission zur grenzüberschreitenden Erprobung konkreter Anwendungsfälle von European Digital Identity Wallets im privaten und öffentlichen Sektor über einen Zeitraum von zwei Jahren.

Externer Link: Digital Identity in Europe (Öffnet neues Fenster)Logo POTENTIAL For European Digital Identity, kofinanziert durch die Europäische Union Quelle: EU Weitere Information erhalten Sie auf der Interseite des Konsortiums POTENTIAL.

Im POTENTIAL-Konsortium arbeiten Vertreterinnen und Vertreter aus 18 EU-Staaten und der Ukraine zusammen. Es besteht aus staatlichen Institutionen, zum Beispiel nationalen Ministerien, und privaten Unternehmen aus Frankreich, Deutschland, Österreich, Belgien, Zypern, Tschechischen, Estland, Finnland, Spanien, Griechenland, Ungarn, Italien, Litauen, Luxemburg, den Niederlanden, Polen, Portugal, Slowenien und der Ukraine.

Mit dem Large-Scale-Pilot möchte das Konsortium POTENTIAL durch Erprobung von konkreten Anwendungsfällen einen Beitrag zur Erarbeitung von nutzerfreundlichen und sicheren digitalen Identitätslösungen für alle Europäerinnen und Europäer  leisten.

Informationen über die Pilotvorhaben erhalten Sie auf der Internetseite des Konsortiums POTENTIAL sowie auf Twitter und LinkedIn.