Prinzip 1: Erhebung und Bewertung von Nutzeranforderungen

Nutzeranforderungen und -bedürfnisse werden erhoben, verstanden und bewertet. Sie bilden die Grundlage für die Konzeption und Gestaltung, die Realisierung und den Betrieb von digitalen Angeboten der Verwaltung. Die Nutzenden sollten dabei wenn möglich direkt beteiligt werden.

Warum ist es wichtig

Ob Webseite, App oder digitale Plattform: Onlinedienste sind nur erfolgreich, wenn sie auch genutzt werden. Sie müssen für die Anwendenden einfach, verständlich und relevant sein – und im besten Fall eine Verbesserung des täglichen Lebens mit sich bringen. Nutzerzentrierung bedeutet, dass man bei der Entwicklung von Produkten oder Leistungen konsequent von den Nutzenden (und nicht vom Angebot her) denkt und gestaltet. Gute Verwaltungsdienste sind an den Bedarfen in den Lebens- oder Geschäftslagen der Zielgruppe ausgerichtet.

Wie Sie das Prinzip umsetzen

Die Grundlage für eine umfassende Nutzerzentrierung bildet die Nutzerforschung. Die methodische Feststellung von Unterschieden zwischen dem eigenen intuitiven Verständnis und dem anderer Nutzenden ist ein zentraler Punkt der Nutzerzentrierung – getreu nach dem Motto "Du bist nicht der Nutzer bzw. die Nutzerin". Nutzende können dafür auf verschiedenen Wegen befragt und eingebunden werden: in Interviews, Nutzertests oder interdisziplinären Workshops.

Checkliste

 Nutzende sowie Verwaltungsmitarbeitende zum aktuellen Prozess befragen (z. B. Interviews, Nutzertests mit aktueller Lösung)

 Nutzeranforderungen aus der Recherche ableiten und dokumentieren

 Nutzeranforderungen in Workshops oder Nutzertests mit den Nutzenden validieren, erweitern und dokumentieren

 Nutzeranforderungen bei der Priorisierung der Anforderungen einbeziehen

1. Nutzergruppen identifizieren

  • Definieren Sie die Zielgruppen Ihrer Leistung. Ermitteln Sie deren Fähigkeiten und die Ziele, die diese mit der Leistung verfolgen, etwa mithilfe von Nutzerinterviews.
  • Beschreiben Sie Ihre Zielgruppen in einer einfach verständlichen Form, z. B. als Personas. Diese Beschreibung hilft Ihnen bei der Rekrutierung für Nutzerinterviews. Mit den Erkenntnissen aus den Nutzerinterviews können Sie die Zielgruppenbeschreibung überprüfen, anreichern und verfeinern. So können Personas für das Team Nutzerbedürfnisse greifbar machen.

 2. Die Nutzenden beteiligen und Nutzeranforderungen erheben

  • Identifizieren Sie Ansprechpersonen in der Verwaltung, die häufig direkten Kontakt zu den Nutzenden aus der Zielgruppe haben. Befragen Sie diese zu dem gesamten Prozess und zu den häufigsten Problemen, die die Nutzenden in Bezug auf die Verwaltungsleistung ihrer Erfahrung nach haben. Die Rückmeldungen der Verwaltungsmitarbeitenden können bei der Rekrutierung der Zielgruppe behilflich sein und geben Aufschluss über die Anforderungen aus Sicht der Verwaltung.
  • Identifizieren Sie Ansprechpersonen aus der (potenziellen) Zielgruppe, die Erfahrungen mit der aktuellen, ggf. analogen Version des Services haben. Befragen Sie diese zu ihren Erfahrungen mit dem gesamten Prozess und ihren häufigsten Problemen. Sie können auch Menschen befragen, die kurz davorstehen, den Prozess oder die Beantragung zu durchlaufen.
  • Machen Sie sich die gesamte Nutzerreise bewusst: Wie und mit welchen Zielen kommen Nutzende zu Ihrem Service? Was passiert bei der Nutzung des Services und danach?
  • Dokumentieren Sie insbesondere, welche Herausforderungen bestehen.
  • Während der Interviews können Nutzertests bestehender digitaler (wenn vorhanden) oder analoger Lösungen (z. B. Papierformulare) durchgeführt werden.
  • Führen Sie mit Ansprechpersonen aus der Zielgruppe geeignete Beteiligungsformate wie etwa Workshops oder Nutzertests durch, um kontinuierlich weitere Anforderungen und Bedürfnisse zu ermitteln.

3. Nutzeranforderungen dokumentieren und verwenden

  • Sammeln Sie die Nutzeranforderungen und -bedürfnisse an einem zentralen Ort.
  • Machen Sie diesen zentralen Ort für alle Projektbeteiligten zugänglich. Ermöglichen Sie, falls erforderlich, Bearbeitungsfunktionen.
  • Dokumentieren Sie fortlaufend Änderungen und kommunizieren Sie diese regelmäßig an alle Projektbeteiligten.
  • Berücksichtigen Sie die erhobenen Nutzungsanforderungen und -bedürfnisse, um Entscheidungen bezüglich der Konzeption und Entwicklung des Onlinedienstes zu treffen.

Weiterführende Ressourcen

Nutzergruppen identifizieren:

Näheres zu Zielgruppen, Personas und der Durchführung von Nutzerinterviews im Leitfaden OZG-Umsetzung

Nutzende beteiligen und Nutzeranforderungen erheben:

Leitfaden Nutzererlebnis Portalverbund

Zur Durchführung von Nutzertests auf onlinezugangsgesetz.de

Informationen zur Design-Thinking-Methode auf onlinezugangsgesetz.de

Durchführen von Design-Thinking-Workshops im Leitfaden OZG-Umsetzung

Näheres zu Umfragen auf kompetenzzentrum-usability.digital

Nutzeranforderungen dokumentieren und verwenden:

Definition von Nutzeranforderungen auf kompetenzzentrum-usability.digital

Prinzipien des Servicestandards

  1. Erhebung und Bewertung von Nutzeranforderungen
  2. Einfache und intuitive Nutzung
  3. Barrierefreiheit, Bürgernähe und Genderneutralität
  4. Once-Only-Prinzip
  5. Datenschutz
  6. Förderung digitaler Nutzung
  7. Rechtliche Änderungsbedarfe
  8. Agiles Vorgehen
  9. Integration Portalverbund
  10. Ebenenübergreifende Zusammenarbeit
  11. Entwicklungsgemeinschaften
  12. Offene Standards
  13. Open Source
  14. Wiederverwendung und Nachnutzung
  15. IT-Sicherheit und Support
  16. Interoperabilität
  17. Technologische Evaluation
  18. Evaluation der Nutzerzufriedenheit
  19. Nutzerzentrierte Weiterentwicklung

Bei Fragen oder Feedback zum Servicestandard wenden Sie sich gerne an: ozg@bmi.bund.de