Die OZG-Umsetzung mit dem Team OnlineRathaus und dem Verwaltungs-Canvas

Typ: Namensartikel , Datum: 09.05.2022

Im Gastbeitrag schildert Jan Klumb vom Standesamt und Bürgerbüro Wiesbaden seine Erfahrungen mit der OZG-Umsetzung – dabei stellt er neue Konzepte wie das interdisziplinäre Nachwuchskräfteprojekt "Team OnlineRathaus" vor.

aktuelles Zitat:

Jan Klumb ist Verwaltungsfachwirt, Standesbeamter und leitet die Sachgebiete "Standesamtsbetrieb und Ausbildungskoordination" sowie "Bürgerbüro Frontoffice" der Abteilung Standesamt und Bürgerbüro im Ordnungsamt der Landeshauptstadt Wiesbaden.
"Schon heute versuchen wir alles digital abzubilden. Zum Beispiel beim Kirchenaustritt: Die Terminreservierung, die Beratung mittels Erklärvideo, die Datenerfassung und die Bezahlung erfolgen online. Lediglich die Unterschrift ist noch vor Ort zu leisten. Damit dauert der Termin maximal 60 Sekunden – doch oft bekommen wir zu hören: Und nur noch wegen der Unterschrift musste ich jetzt zu Ihnen ins Amt kommen?“

Jan Klumb

Jan Klumb ist Verwaltungsfachwirt, Standesbeamter und leitet die Sachgebiete "Standesamtsbetrieb und Ausbildungskoordination" sowie "Bürgerbüro Frontoffice" der Abteilung Standesamt und Bürgerbüro im Ordnungsamt der Landeshauptstadt Wiesbaden. Zusätzlich leitet er das Nachwuchskräfteprojekt "Team OnlineRathaus". Dort "entstaubt" er mit Kolleginnen und Kollegen sowie Nachwuchskräften die Amtsstube. Ehrenamtlich ist er Mitglied des NExT e. V. und NExTcamp-Koordinator.

Das OZG als Engelchen, dass Fachgesetz als Teufelchen. Die Herausforderung, dem OZG entsprechend Dienstleistungen online zur Verfügung zu stellen, ist eine Chance – doch es erinnert auch an einen Sketch mit dem Engelchen und dem Teufelchen auf der Schulter. Umso wichtiger sind Mut und die richtigen Instrumente. Jedes Projekt, jede Idee und jede rechtliche Prüfung für das OZG wird begleitet von Engelchen und Teufelchen, die links und rechts auf der Schulter sitzen. Mal sagt das OZG-Engelchen: "Diese Dienstleistung musst du bis Ende 2022 digital anbieten, digital ist das doch ganz einfach." Dann kommt das Fachgesetz-Teufelchen und warnt: "Das geht ausschließlich analog!" Das Teufelchen drängt gerade im Personenstands- und Meldewesen weitaus häufiger zu uns durch als das Engelchen. Doch irgendwie müssen doch die 40 Dienstleistungen im Personenstandswesen digitalisiert werden.

Orientierung am Servicestandard für die digitale Verwaltung

Wunsch und Ziel des OZG ist es, neue Dienstleistungen intuitiv und einfach zu gestalten, damit Bürgerinnen und Bürger diese gerne und häufig nutzen. Dieser Ansatz lässt neue Dienstleistungen, Beschreibungen oder Ideen gemeinsam umsetzen und modern gestalten. Ein Teil des OZG(-Engelchens) ist der Servicestandard für die digitale Verwaltung. Dieses Werkzeug wendet sich an alle OZG-Umsetzerinnen und -Umsetzer – ob auf kommunaler, Länder- oder Bundesebene. In 19 verschiedenen Qualitätsprinzipien werden Empfehlungen zur Umsetzung digitaler Verwaltungsleistungen gegeben. Der Servicestandard schafft hier einen ganzheitlichen Orientierungsrahmen für alle Anwendenden und Umsetzenden des OZG. Dieses Werkzeug ist den Kolleginnen und Kollegen sowie den Nachwuchskräften des "Team OnlineRathaus" im Standesamt und Bürgerbüro Wiesbaden hinreichend bekannt.

Initiatives Nachwuchskräfteprojekt: "Team OnlineRathaus"

Ins Leben gerufen durch die ehemalige Leiterin des Standesamtes Monika Rubbel, mittlerweile in zweiter Generation von Jan Klumb und Edwin Meier fortgeführt, ist das Team OnlineRathaus – kurz ToR – eine besondere Kooperation zwischen Standesamt und Bürgerbüro mit dem Personalamt.

Durch das Nachwuchskräfteprojekt 'Team OnlineRathaus' wird eine zeitgemäße, zukunftsorientierte Ausbildung für die Nachwuchskräfte gewährleistet. Diese Generation stellt das Personal der Zukunft. Sie wird künftig Sachbearbeitung, Steuerung, Führung und Verantwortung in der Verwaltung übernehmen. Für die Herausforderungen der nächsten Generationen sind zukunftsweisende Qualifikationen zu vermitteln. Der Ausbildungsabschnitt im Projekt nutzt das kreative Potenzial und das fachliche Technikwissen der jungen Generation. Seit Etablierung haben über 1.000 Nachwuchskräfte das Projekt durchlaufen.

Im Laufe eines Jahres befinden sich bis zu 60 Nachwuchskräfte im Nachwuchskräfteprojekt : Auszubildende, Inspektoranwärterinnen und -anwärter, Rechtsreferendarinnen und -referendare, Fachoberschülerinnen und -schüler oder Schülerpraktikantinnen und -praktikanten. Sie bilden gemeinsam ein interdisziplinäres Team. Das Standesamt und Bürgerbüro sorgen damit für einen zukunftsorientierten Praktikumsabschnitt, in dem eigenständiges Arbeiten in der Sachbearbeitung, das Bearbeiten der Urkundenbestellungen und Kirchenaustritte und die Themen E-Government und Digitalisierung allgegenwärtig sind.

So entstehen Erklärvideos, die komplizierte Beschreibungen ersetzen oder neue Kolleginnen und Kollegen werden über den internen Podcast "ToR Talk" vorgestellt. Die Entwicklung und Gestaltung von neuen Arbeitsinstrumenten gehört zu den wichtigen Aufgaben im Nachwuchskräfteprojekt.

Entwicklung eines innovativen Verwaltungs-Canvas zur Ist-und-Soll-Analyse von Onlinediensten

Wie Eingangs schon beschrieben, konnte eine Umsetzung einiger Dienstleistungen entsprechend dem OZG aufgrund rechtlicher Hindernisse zunächst nicht erfolgen – das Fachgesetz-Teufelchen siegte. Um das Maximum der rechtlichen Machbarkeit aller Dienstleistungen auszureizen, entwickelten die Nachwuchskräfte gemeinsam mit den Mitarbeitenden des Standesamts und Bürgerbüros auf Grundlage des Servicestandards des BMI und des Verwaltungs-Service-Canvas von IBM in ein Verwaltungs-Canvas weiter. Das Verwaltungs-Canvas ist die innovative Form der Ist- und Soll-Analyse mit dem Schwerpunkt der Entwicklung einer innovativen, serviceorientierten Online-Dienstleistung auf Grundlage des OZG und dem Servicestandard. Selbst ein komplexer Prozess mit hohen rechtlichen Ansprüchen lässt sich mittels der Visualisierung und Strukturierung auf ein Minimum herunterbrechen.

Digitalisierungsprojekte vom "Team OnlineRathaus"

In gemeinsamen Workshops wurden bereits die Bestellung der Personenstandsurkunden, der Kirchenaustritte, sowie die Online-Anmeldung der Eheschließung erfolgreich optimiert oder sogar OZG-konform digitalisiert. Aktuell probiert sich das Team mit dem Verwaltungs-Canvas an den OZG-Leistungen der (digitalen) Geburtsurkunde und der eBeurkundung aus.

Das OZG-Engelchen ist deshalb erstmal beruhigt und hofft, dass auch hier die Umsetzung bis Ende 2022 erfolgen kann, doch das Fachgesetz-Teufelchen schüttelt den Kopf, denn das zugrundeliegende Fachgesetz erlaubt keine OZG-konforme Umsetzung der Dienstleistungen. Ist das tatsächlich im Sinne des OZG?

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