"Kommunales ELSTER" - die elektronische und medienbruchfreie Zustellung des digitalen Gewerbesteuerbescheids

Typ: Meldung , Schwerpunktthema: Steuern & Zoll , Datum: 22.09.2021

Von der Gewerbesteuer sind in Deutschland ca. 3,9 Mio. steuerpflichtige Unternehmen und rund 11.000 Kommunen betroffen. Die Gewerbesteuerbescheide werden zukünftig digital, menschen- und maschinenlesbar sein.

Das Umsetzungsprojekt "Kommunales ELSTER" ist im Themenfeld Steuern & Zoll verortet und befasst sich mit der Digitalisierung des Gewerbesteuerbescheids nach dem "Einer für Alle"-Prinzip. Die Federführung für das Umsetzungsprojekt liegt im Hessischen Ministerium der Finanzen (HMdF). Weitere Projektbeteiligte sind das Bundesministerium der Finanzen (BMF), das Thüringer Finanzministerium, das Ministerium der Finanzen Rheinland-Pfalz, das Bayerisches Landesamt für Steuern, das Ministerium der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen, das Ministerium der Finanzen des Landes Sachsen-Anhalt, die Finanzbehörde Hamburg sowie viele Kommunen verschiedener Bundesländer – darunter z. B. Frankfurt am Main.

Herausforderungen

Die wohl größte Herausforderung des Umsetzungsprojektes stellt die Verzahnung der föderalen Strukturen innerhalb des Leistungsprozesses dar. Die Gewerbesteuererklärung wird über den Bund-Länder-IT-Verbund "KONSENS" (Koordinierte Neue Software-Entwicklung der Steuerverwaltung) eingereicht. Auch der Erlass der Gewerbesteuermess- und Zerlegungsbescheide fällt in die Verantwortung der Finanzämter der Länder. Die im Projekt verortete Festsetzung der Gewerbesteuer hingegen obliegt den Kommunen und führt damit zu einer großen Anzahl unterschiedlicher Bescheid-Formate. Deshalb soll neben der Abbildung des digitalen Rückkanals über die ELSTER-Infrastruktur ein Hauptaugenmerk auf der Standardisierung des Gewerbesteuerbescheides liegen.

Hinzu kommt eine Vielzahl unterschiedlicher Haushalts-, Kassen- und Rechnungssysteme (HKR-Systeme) zur Erstellung von Steuerbescheiden, welche von unterschiedlichen Anbietern unterstützt und betrieben werden. Bei der Konzeption des digitalen Gewerbesteuerbescheids ist es deshalb sehr wichtig, ein Dateiformat auszuwählen, dass von allen HKR-Systemen verarbeitet werden kann. Der Bescheid soll zukünftig in einem sowohl menschen- als auch maschinenlesbaren PDF-A3 Format bereitgestellt werden. Hierbei wird die PDF-Datei mit einem integrierten und standardisierten XML-Datensatz angereichert, welcher den Unternehmen und Steuerbüros ein direktes Einlesen in deren Fachsoftware ermöglicht und somit einen der größten bekannten Schmerzpunkte der Nutzerinnen und Nutzer beseitigt.

Zudem muss auch die Rechtssicherheit beim digitalen Versand der Bescheide berücksichtigt werden, weshalb eine enge Koordinierung mit dem BMF und dem KONSENS-Verbund notwendig ist.

Um dieses Ziel bis Ende 2022 zu erreichen und den besonderen Anforderungen der unterschiedlichen Stakeholder innerhalb der föderalen Strukturen Rechnung zu tragen, setzt das Projekt auf eine breite Einbindung von Länder- und Kommunalverwaltungen sowie Software-Herstellern, Steuerbüros und Unternehmen.

Umsetzung

Um die Einbindung der HKR-Systeme und die Bereitstellung eines digitalen Rückkanals über "Mein Unternehmenskonto" (MeinUK) zu gewährleisten, wird "ELSTER-Transfer" genutzt. ELSTER-Transfer ist eine Anwendung der Finanzverwaltung und dient der Datenübermittlung zwischen Finanzverwaltung und Organisationen sowie der Bereitstellung von Mitteilungen und Bescheiden. Um den Kommunen und HKR-Herstellern die Integration zu erleichtern, wurden Schnittstellenbeschreibungen und eine Blaupause zur Anbindung an ELSTER-Transfer erstellt und veröffentlicht.

Vorteile des digitalen Gewerbesteuerbescheids

Die Digitalisierung des Gewerbesteuerbescheids bringt für alle Beteiligten erhebliche Vorteile mit sich:

  • Kommunen können den Prozess der Bescheiderstellung effizienter gestalten und Ausgaben für den Druck und Postversand der Bescheide einsparen, während die Möglichkeit der individuellen Gestaltung des Bescheids erhalten bleibt. Ferner wird die aus dem Onlinezugangsgesetz (OZG) resultierende Verpflichtung zur elektronischen Bescheidbekanntgabe erfüllt, für die sich jede Kommune ansonsten eine eigene Lösung einfallen lassen müsste.
  • Steuerpflichtige und Steuerberatungsbüros erhalten zu den Bescheiden einen einheitlichen und maschinenlesbaren Datensatz, durch den die elektronische Verarbeitung insbesondere bei einer Vielzahl an Bescheiden vereinfacht wird. Die Standardisierung des Gewerbesteuerbescheids, unter Berücksichtigung des praxisnahen Feedbacks und der fachlichen Anforderungen diverser Pilotkommunen innerhalb des Projekts, ermöglicht es, viele unterschiedliche Bescheidformate der einzelnen Kommunen zu aggregieren und somit die Prüfung und Verarbeitung auf Seite der Steuerpflichtigen zu erleichtern.
  • Fachverfahrenshersteller von HKR-Systemen und Steuersoftwarehersteller können den Nutzwert ihrer Systeme gegenüber ihren Zielgruppen vergrößern.

Vorgehen und Ausblick

Das Projekt "Kommunales ELSTER" zur Erstellung des digitalen Gewerbesteuerbescheids begann im März 2020 im Themenfeld Steuern & Zoll, das federführend von Hessen und dem BMF umgesetzt wird.

In einer ersten Phase wurden alle relevanten Stakeholder identifiziert, gruppiert und ihre Anforderungen erhoben. Auch eine Analyse bereits existierender Lösungen in vergleichbaren Umgebungen fand statt, um die Digitalisierung des Gewerbesteuerbescheids nah an bereits etablierten Lösungen zu halten. So soll ein möglichst geringer Aufwand zur Umstellung für alle Stakeholder gewährleistet werden.

Ausblick Zeitplan Quelle: UP Kommunales ELSTER

Zusätzlich wurde eine Blaupause zur Anbindung an ELSTER-Transfer für die Zielgruppe der Kommunen verfasst sowie eine erste Version der Datensatzspezifikation erarbeitet. Dabei war bereits eine Gruppe interessierter Pilotkommunen, HKR-Hersteller sowie Unternehmen einbezogen, die wertvolle Beiträge zur Gestaltung des Prototyps geleistet hat und mit an der Erstellung des MVP (Minimum Viable Product, engl. für ein Produkt, das die erforderlichen Basisfunktionen umfasst) beteiligt war.

Der MVP wurde im August 2021 technisch fertiggestellt. Er wurde in der hessischen Pilotkommune Oberursel erfolgreich implementiert und getestet. Gewerbesteuerbescheide können als PDF erstellt (noch nicht maschinen-, nur menschenlesbar) und manuell versendet beziehungsweise per ELSTER-Transfer zu den Steuerpflichtigen in deren MeinUK-Postfach eingestellt und von ihnen abgeholt werden.

Nachdem weitere Testfälle durchgeführt, noch ausstehende Funktionen erprobt und die rechtssichere Bekanntgabe der Gewerbesteuerbescheide ermöglicht ist, sollen zukünftig deutschlandweit alle Kommunen den Dienst produktiv nutzen können.

Weiteres aus dem Themenfeld Steuern & Zoll

  • Themenfeld Steuern & Zoll

    mehr erfahren
  • Digitalisierungs­werkbank "Ausfuhr von Kulturgütern" – von der Fachkonzeption zum länderübergreifenden Antragsservice

    mehr erfahren